Tausende demonstrieren in fünf Städten auf Spontandemos gegen Uploadfilter

Nach Polizeiangaben demonstrierten alleine in Berlin etwa 2.000 Menschen. CC-BY-SA 4.0 Linuzifer In Berlin, Köln, Frankfurt, München und Stuttgart demonstrierten tausende Menschen auf Spontandemonstrationen. Die Kampagne „Save The Internet“ sprach auf Twitter von insgesamt über 7.500 Teilnehmenden in den fünf Städten. Die Demonstrationen waren als Reaktion auf die Pläne der Konservativen im EU-Parlament spontan organisiert worden, die die Abstimmung über die Urheberrechtsreform vorzuverlegen versuchten. Sie alle hatten nur eine Vorlaufzeit von etwa 24 Stunden.

In Berlin versammelten sich bei kalten Regenwetter nach Angaben der Polizei 2000, nach Veranstalterangaben 2.500 Menschen gegenüber der Bundeszentrale der CDU. In zahlreichen Beiträgen kritisierten Rednerinnen und Redner die EU-Urheberrechtsreform, sowie den Versuch die europaweiten Proteste mit einer Vorverlegung zu umgehen. Die Vorverlegung wurde als „Schlag ins Gesicht“ derer bezeichnet, die auf demokratischem Wege versuchten, Einfluss auf die europäische Politik zu nehmen. Redner warnten davor, dass solche Verfahrenstricks junge Menschen von der EU und ihren Institutionen entfremden könnten.

Immer wieder skandierten die Teilnehmenden „Nie mehr CDU!“ oder „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit raubt!“. Die ARD berichtete mit einem Livestream aus Berlin.

In Frankfurt kamen bis zu 2.200 Menschen zusammen, die später auch als Demonstration durch die Stadt zogen. Alle Rechte vorbehalten Tibor

In Köln demonstrierten nach Angabe von Infozentrale etwa 1.000 Menschen , andere sprachen von 1.500 , in Frankfurt protestierten zwischen 1000 –2200,  in München zwischen 700 und 1000 und in Stuttgart etwa 300 Menschen .

Nach großem Hin- und Her hat der Fraktionsvorsitzende der konservativen EU-Fraktion Manfred Weber (CSU) am Abend gegenüber dem Bericht aus Berlin bestätigt , dass die Abstimmung nun doch nicht vorgezogen wird. Seit gestern gab es ständig wechselnde Aussagen , heute Nachmittag hieß es noch , dass die Konservativen die Abstimmung vorziehen wollen.

Morgen sollen die Proteste um 18 Uhr vor der CDU-Zentrale in Hamburg weitergehen, am Samstag findet um 13 Uhr eine weitere Demonstration in Magdeburg statt. Wir haben alle uns bekannten Demonstrationen auf einer Karte und in einer Liste gesammelt .

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Was vom Tage übrig blieb: Kanadas Transparenz, US-Netzneutralität und Künstliche Intelligenz durch Kinderaugen

Mit den gestrigen Lichtverhältnissen kann das heutige Foto nicht mithalten, aber immerhin hat es zu Hageln aufgehört.Google to ban political ads ahead of federal election, citing new transparency rules (The Globe and Mail)

Kanadas harte Auflagen für Transparenz bei politischer Werbung im Netz bringen Google nun dazu, ganz auf Anzeigen politischer Parteien im eigenen Werbenetzwerk zu verzichten. Nach Angaben des Digitalkonzerns ist es technisch zu komplex, alle politische Werbung in ein zentrales Register einzutragen. Bei Youtube darf allerdings weiter geworben werden.

Democrats to push to reinstate repealed ’net neutrality‘ rules (Reuters)

Die demokratische Mehrheit im US-Repräsentantenhaus bringt laut Reuters morgen ein Gesetz ein, um die von der Trump-Administration abgeschafften Regeln zur Netzneutralität gesetzlich – und nicht wie bisher bloß regulatorisch – festzuschreiben. Ob sich im republikanisch dominierten Senat die dazu (höchstwahrscheinlich) notwendigen 60 von 100 Stimmen finden und anschließend der Präsident das Gesetz absegnet, ist zwar mehr als fraglich. Aber es zeigt, dass das Thema noch lange nicht vom Tisch ist und eine Rolle im bereits einsetzenden 2020-Wahlkampf spielen dürfte.

MIT-Forscherin im Interview: Wie Kinder mit Künstlicher Intelligenz aufwachsen (Spiegel Online)

Sonja Peteranderl hat mit der Forscherin Stefania Druga darüber geredet, wie Kinder mit Künstlicher Intelligenz umgehen.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb “, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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Wieder vor Gericht: Geheimdienstliche Massenüberwachung und das Menschenrecht auf Privatheit

Überwachungsinstallation des GCHQ in Bude, an der Küste von Cornwall. CC-BY-NC-ND 2.0 superdove Es gibt erfreuliche Neuigkeiten vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg: Zwei Urteile aus dem letzten Jahr, die europäischen Auslandsgeheimdiensten die ungebremste Überwachung von Kommunikationsdaten bereits eingeschränkt hatten, könnten noch nachjustiert werden. Für gleich zwei Beschwerdefälle, die im Jahr 2018 entschieden worden waren, hat die Große Kammer des Gerichts nun mündliche Anhörungen anberaumt.

Beim EGMR laufen bereits seit dem Jahr 2013 mehrere Beschwerden gegen die britische Regierung und das GCHQ wegen der geheimdienstlichen Massenüberwachung, wegen fehlender Aufsichts- und Rechenschaftspflichten und wegen mangelnder Nachprüfbarkeit der Überwachungsmethoden durch Parlament und Gerichte. Die Entscheidung gegen die britische Regierung vom 13. September 2018 (pdf) verurteilte das Abgreifen gewaltiger Mengen von Verkehrsdaten durch das GCHQ als teilweise menschenrechtswidrig , beendete die Massenüberwachung aber nicht.

Anders als etwa beim deutschen Bundesverfassungsgericht ist ein Urteil aus Straßburg nicht in jedem Fall das Ende einer Beschwerde, sondern kann innerhalb von drei Monaten vor die Große Kammer gebracht werden. Dass der Gerichtshof den britischen Fall nochmals betrachten wird , hatten die beteiligten Bürgerrechtsorganisationen bereits Anfang Februar mitgeteilt. Nun liegt auch der Termin für zwei mündliche Anhörungen vor, die nicht nur die Regierung von Großbritannien, sondern in einem zweiten Beschwerdefall auch die von Schweden betreffen. Der Gerichtshof hat sie für den 10. Juli 2019 angekündigt: Vormittags ab 9.15 Uhr geht es um den britischen, nachmittags ab 14.45 Uhr um den schwedischen Geheimdienst.

Ausgangspunkt für die Beschwerde gegen die britische Regierung waren die Veröffentlichungen über die Spähprogramme PRISM und TEMPORA im Jahr 2013, an denen federführend der Geheimdienst GCHQ mitwirkt. Das GCHQ schnorchelt im Verborgenen alle nur greifbaren Internet-Verkehrsdaten ab, insbesondere bei den auf britischem Gebiet anlandenden Unterseekabeln . Die Kommunikationsdaten werden millionenfach verarbeitet, selektiert und teilweise dauerhaft gespeichert.

Großbritannien hat aber mit der Europäischen Menschenrechtskonvention einen völkerrechtlichen Vertrag ratifiziert, auf den sich die Beschwerdeführer beim EGMR berufen. Konkret garantiert nämlich Artikel 8 dieser Konvention, dass jede Person „das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz“ hat.

Das Gebäude des EGMR in Straßburg. CC-BY-NC 2.0 mitko_denev

Das Gericht in Straßburg hatte drei verschiedene Verfahren gegen Großbritannien zusammengezogen: die Beschwerde „Privacy not Prism“ von Big Brother Watch, Open Rights Group und PEN (58170/13), die Beschwerde des Bureau of Investigative Journalism (62322/14) sowie eine dritte Beschwerde von zehn weiteren Menschenrechtsorganisationen (24960/15). Am Nachmittag geht es dann um einen ähnlich gelagerten Fall des Centrum för rättvisa gegen ein schwedisches Gesetz, das ebenfalls weitgreifende Kommunikationsüberwachung erlaubt (35252/08). Beide Anhörungen werden vor der Großen Kammer stattfinden.

Die Menschenrechtskonvention und die Internetüberwachung der britischen und schwedischen Geheimdienste

Schon bevor das Urteil zum GCHQ-Fall im September gefallen war, beschloss die britische Regierung gesetzliche Änderungen, so dass der Spruch der Richter nicht unmittelbar dazu geführt hatte, dass die Regelungen zur geheimdienstlichen Massenüberwachung überarbeitet werden mussten. Das könnte nun bei einem etwaigen zweiten Urteil anders sein, sofern die Argumente der Beschwerdeführer das Gericht überzeugen, dass die Briten nicht nur gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, sondern auch, dass konkrete Vorgaben beispielsweise bei der Kontrolle der Geheimdienste oder bei der Datenweitergabe festzuschreiben wären. Im schwedischen Fall könnten die Folgen eines neuen Urteils noch schwerwiegender sein, da das Centrum för rättvisa im vergangenen Jahr eine Niederlage in Straßburg einstecken musste und ein neues Urteil sehr wahrscheinlich eine Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte bringen würde.

Die Beschwerdeführer werden nun nochmals die Gelegenheit haben, dem Gericht zuerst schriftlich und im Juli dann mündlich darzulegen, welche der Internetüberwachungspraktiken der britischen und schwedischen Geheimdienste in unverhältnismäßiger Weise gegen das Menschenrecht auf Privatheit verstoßen. Inhaltlich wird es zudem darum gehen, wie eine sinnvolle rechtliche und tatsächliche Kontrolle und Aufsicht der Massenüberwachung gestaltet werden müsste und unter welchen Umständen die Betroffenen wie zu informieren wären. Es besteht sogar die Chance, dass die anlasslose und massenhafte Überwachung durch Geheimdienste an sich als unvereinbar mit der Menschenrechtskonvention erklärt werden könnte.

Wir werden sowohl von der Anhörung im Juli als auch über die Entscheidungen berichten.

Offenlegung: Ich bin selbst eine der Beschwerdeführerinnen in dem Verfahren „Privacy not Prism“ gegen die britische Regierung.

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Spontane Demonstrationen gegen Uploadfilter in mehreren Städten angekündigt

Mehrere Tausend Menschen demonstrierten am vergangenen Wochenende in Berlin. Heute werden neue Proteste in ganz Deutschland erwartet. CC-BY 4.0 netzpolitik.org Aktivisten haben spontane Proteste gegen Uploadfilter in sieben deutschen Städten angekündigt, die bereits am heutigen Dienstag beginnen. Die konservative Fraktion im Europaparlament versucht, die Abstimmung über die EU-Urheberrechtsreform schon auf die nächste Woche vorzuverlegen . Die Gegner befürchten, dass so ihr geplanter europaweiter Aktionstag am 23. März unterlaufen werden soll.

Das zuständige Büro des CSU-Politikers Manfred Weber gab auch auf mehrmalige Nachfrage von netzpolitik.org keine klare öffentliche Aussage ab, ob seine Fraktion die Abstimmung vorverlegen will. Julia Reda veröffentlichte einen Screenshot , der die Pläne der konservativen Fraktion bestätigt. Gegenüber Patrick Beuth von Spiegel Online habe Weber eine Vorverlegung der Abstimmung jedoch ausgeschlossen, da zunächst die Übersetzungen der EU-Richtlinie vorliegen müssen. Die Entscheidung über den Abstimmungstermin soll am Donnerstag fallen.

Das Bekanntwerden der Pläne hatte für große Empörung bei Bürgerrechts- und Netzorganisationen gesorgt , sie sehen den Schritt als demokratieschädigend und als katastrophales Signal an alle, die sich demokratisch engagieren wollen. Die Nachricht von der geplanten Verlegung verbreitete sich in Windeseile, ein Tweet der Abgeordneten Julia Reda erhielt bislang mehr als 10.000 Retweets und fast 20.000 Likes. Innerhalb kürzester Zeit meldeten unterschiedliche Organisationen und Einzelpersonen sechs Eil-Demonstrationen über das ganze Land verteilt an. Von einer Eil-Demonstration ist die Rede, wenn eine Demonstration weniger als 48 Stunden vorher angekündigt wird.

Demonstrationen in sieben Städten

In Berlin hat der Musiker und Produzent Bruno Kramm, der auch die Demonstration am 23. März in Berlin mitveranstaltet, für Dienstag, den 5. März um 18 Uhr eine Spontandemonstration vor der CDU-Zentrale in Berlin angemeldet. In Frankfurt am Mai ist am Dienstag eine Demo um 18 Uhr an der Hauptwache geplant. Weitere Demonstrationen finden am 5. März zeitgleich in Köln am Breslauer Platz, in Stuttgart an der CDU-Zentrale und in München am Königsplatz vor der CSU-Zentrale statt.

In Hannover soll am 6. März um 15.30 Uhr an der CDU-Zentrale protestiert werden, in Magdeburg am 9. März um 13 Uhr am Willy-Brandt-Platz. Die Demonstrationen sollen nach Auskunft von Save The Internet auch stattfinden, wenn die Konservativen ihre Pläne ändern. Wir haben eine Übersicht aller uns bekannten Demonstrationen zusammengestellt.

Nach zwei Demonstrationen in Köln mit mehreren Tausend Teilnehmern, hatten am vergangenen Wochenende zwischen 3.500 und 5.000 Menschen in Berlin gegen die Uploadfilter demonstriert . Die Demonstration hatte für ein bundesweites mediales Echo gesorgt: Die Debatte um die Reform ist aus dem Elfenbeinturm des Urheberrechts damit nicht nur auf der Straße, sondern auch in den heimischen Wohnzimmern angekommen.

So berichtete das ZDF in „heute“ und in „berlin direkt“ , auch die Tagesschau und der Bericht aus Berlin brachten die Uploadfilter und die Proteste auf den Bildschirm. Zeitungen und Medien quer durch die ganze Republik berichteten von der Demonstration: Vom Handelsblatt über Boulevardblätter wie die B.Z. bis hin zu Spiegel Online .

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Grenzkontrollen in Bayern: Polizei will Mobiltelefone auslesen

Bayerns Innenminister stellt die Halbjahresbilanz der “Grenzpolizei” vor. Alle Rechte vorbehalten Bayerisches Staatsministerium des Innern/ Sammy Minkoff Vor zwei Jahren hat der Bundestag das „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ verabschiedet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf jetzt zur Bearbeitung von Asylanträgen Mobiltelefone und andere Datenträger von Geflüchteten durchsuchen . Die Informationen sollen bei der Bestimmung der Herkunft der Betroffenen helfen. Die Behörden werten beispielsweise die Ländercodes angerufener Telefonnummern und Kontakte und die Domainendungen aufgerufener Websites aus. Auch Geodaten und die in Textnachrichten verwendete Sprache werden analysiert.

Diese Praxis könnte nun auf Grenzkontrollen ausgeweitet werden. Im deutsch-österreichischen Projekt „SmartIdentifikation“ forscht die Bundespolizei zur schnellen Auswertung der Mobiltelefone von Geflüchteten. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit fast einer Million Euro gefördert und läuft bis März nächsten Jahres. Es gehört zum Forschungsbereich „Zivile Sicherheit – Fragen der Migration“ .

Firmen für digitale Forensik

Nach Ende der Forschungen wird die Plattform von den Grenzbehörden getestet. Offenbar steht dabei die Grenze zwischen Deutschland und Österreich im Mittelpunkt: Neben der Bundespolizei sind das Bundesministerium für Inneres in Wien sowie Universitäten beider Länder an „SmartIdentifikation“ beteiligt. Ebenfalls an Bord sind Firmen, die auf digitale Forensik spezialisiert sind. Eine von ihnen ist die Münchner T3K-Forensics, die auch beim BAMF Schulungen zur Forensik von Mobiltelefonen durchführt .

Mobile Grenzkontrolltechnik in Bayern. Das Fahrzeug könnte auch mit digitaler Forensik ausgestattet werden. Alle Rechte vorbehalten Bayerisches Staatsministerium des Innern/ Sammy Minkoff

Die in „SmartIdentifikation“ entwickelte Anwendung nutzt die privaten Fotos zur Bestimmung des Alters. Das System dient außerdem zur Identitätsprüfung, die Projektbeschreibung bleibt hierzu aber unkonkret. So sollen auf dem Telefon gefundene „Daten“ zur Überprüfung der gemachten Angaben dienen. Denkbar wäre, dass hierzu Gesichtsbilder oder persönliche Angaben im Adressbuch verwendet werden. Informationen aus gefundenen Dokumenten könnten mit Einträgen in Datenbanken abgeglichen werden.

Suche nach „Kommunikationsplattformen“

Das Projekt verspricht außerdem eine „Smartphone-basierte Analyse von Migrationstrends“. Mit den Informationen wollen die Behörden „Schleuserrouten“ identifizieren. Auch zu diesen Datenquellen äußert sich die Projektbeschreibung nicht konkret. Wahrscheinlich ist, dass die Adressbücher oder Messenger-Apps der Telefone durchsucht werden. Dort gefundene Kontakte könnten mit einer Datei von bereits bekannten oder verdächtigen Personen abgeglichen werden. Die Behörden wollen sich beim Auslesen der Telefone auch Zugriff auf nicht näher definierte „alternative Kommunikationsplattformen“ verschaffen. Ihre Daten sollen Rückschlüsse „zur Entdeckung der Schleuser“ ermöglichen.

Mit den Informationen werden außerdem Migrationsrouten ermittelt und visualisiert. Hierfür müsste die in „SmartIdentifikation“ entwickelte Anwendung aber Geodaten verarbeiten. Möglich wäre dies mit Bewegungsprofilen, beispielsweise aus Fitness-Apps, die immer öfter in polizeilichen Ermittlungen genutzt werden . So könnte festgestellt werden, wann eine Person mit Verkehrsmitteln gereist ist oder gerastet hat. Hieraus ließe sich der Fluchtweg rekonstruieren.

Überprüfung ohne Mitnahme

Die bayerische Polizei will darüber hinaus die Grenzkontrollen vereinfachen. Betroffene Personen werden zur Überprüfung ihrer Angaben und Dokumente oft zu Polizeidienststellen gebracht. Diese Prozedur benötigt Zeit und soll deshalb mobil an der grünen Grenze erfolgen. Laut dem BMBF stehen hierfür „aktuell keine technischen Unterstützungsmittel zur Verfügung“.

Das Dokumentenprüf- und lesegerät VISOTEC Expert 600 von der Bundesdruckerei. Es wird von der „Grenzpolizei“ Bayern mobil eingesetzt. Alle Rechte vorbehalten Bundesdruckerei

Seit vielen Jahren werden von der Bundespolizei Dokumentenlese- und prüfgeräte genutzt, seit 2015 sind diese auch mobil einsetzbar. Die Plattformen können beliebig erweitert werden, etwa mit Fingerabdruckscannern. Mit der umstrittenen Übernahme von Grenzkontrollen durch die bayerische Polizei fehlen dort angeblich entsprechende Geräte. Deshalb forscht das Landeskriminalamt Bayern zusammen mit der Partnerbehörde aus Berlin zur „berührungslosen Identitätsprüfung im Anwendungsfeld Migration“ (MEDIAN).

Von den Dokumentenlese- und prüfgeräten wird der mitgeführte Ausweis zuerst auf seine Echtheit überprüft und die Personenangaben werden optisch gescannt. Handelt es sich um ein Dokument mit biometrischen Daten, werden diese ausgelesen.“MEDIAN“ soll außerdem die sofortige Erfassung von Fingerabdrücken und Gesichtsbildern ermöglichen. Anschließend erfolgt der automatische Abgleich mit der deutschen INPOL-Datei, mehreren europäischen Datenbanken und der Interpol-Datenbank für verlorene oder gestohlene Dokumente. „MEDIAN“ stellt hierfür einen sicheren Übertragungskanal für die beteiligten Grenzbehörden bereit.

Suche im „Gemeinsamen Identitätsspeicher“

Mit dabei sind die Bundesdruckerei und die französische Firma Idemia, deren biometriebasierte Technik auch in Deutschland weit verbreitet ist . In vielen afrikanischen Ländern werden die Ausweisdokumente hingegen von der Bundesdruckerei gedruckt. In „MEDIAN“ arbeiten die beiden Firmen deshalb an einer gemeinsamen Vermarktung ihrer Produkte. Das Forschungsprojekt läuft noch zwei Jahre und wird vom BMBF mit 2,7 Millionen Euro gefördert. Auch diese Anwendung wird in einem „Feldtest“, vermutlich ebenfalls an der Grenze zu Österreich, ausprobiert.

Die BMBF-Projekte zu „Fragen der Migration“ dienen der Finanzierung neuer Kontrolltechnologien an der deutschen Binnengrenze und sind damit eine Beruhigungspille für Bayerns Staatsminister des Innern. Die Forschungen perfektionieren aber auch die Abfrage der neuen europäischen Datentöpfe. Im Projekt „Interoperabilität“ werden derzeit alle in EU-Datenbanken vorhandenen Gesichtsbilder und Fingerabdrücke in einem „Gemeinsamen Identitätsspeicher“ zusammengeführt . Dieser soll komplett durchsuchbar sein. Bislang ist die Suche nach Gesichtsbildern nur in der Fingerabdruckdatei EURODAC möglich.

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Der kommerzielle Journalismus steckt in der Krise. So könnten Auswege aussehen.

Journalismus in der Krise Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Michael Ramey Krise: „[Eine] …Zeit, welche so offenbar die Grenze

ist zwischen zwei verschiedenen Ordnungen der Dinge“

Friedrich Schleiermacher (2016 [1799], S. 149 )

Wenn, wie der deutsche Philosoph Friedrich Schleiermacher einmal schrieb, eine Krise die Zeit zwischen zwei Ordnungsweisen ist, dann erleben wir gegenwärtig womöglich eine einschneidende Neuordnung des Journalismus. Geschrumpfte Einnahmen in digitalen Medien, eine große Abhängigkeit von Plattformen und Technologieunternehmen , aber auch die sogenannte Vertrauens- und Autoritätskrise sind Anzeichen dieses Umbruchs. Die gegenwärtigen Pläne der DuMont Mediengruppe, alle Regionalzeitungen zu verkaufen , sind da nur eine Hiobsbotschaft.

Die Blaupause für einen zukunftsfähigen Journalismus in digitalen Medien ist nicht in Sicht. Schon der Blick auf die Gründerzeit der privatwirtschaftlich organisierten Massenpresse in Deutschland zwischen 1870 und 1900 unterstreicht aber, dass sich seine Neuordnung kaum am Reißbrett wird planen lassen. Damals war es eine neue Generation von Verlegern, die mit der seinerzeit vorherrschenden Partei- und Konfessionspresse brachen und durch ihr Unternehmertum, durch Wagemut und Experimentiergeist die prägenden Voraussetzungen für die Ausdifferenzierung und Professionalisierung des modernen Journalismus in Deutschland schufen.

Weder war von Anfang an entschieden, welche Inhalte der Massenpresse Erfolg bescheren sollten, noch welche Erlösquellen oder Organisationsmodelle sich als tragfähig erweisen würden. Auch heute deutet vieles darauf hin, dass die Neuordnung des Journalismus im Digitalen nur in kollektiver Praxis, experimentell und durch einen schrittweisen Prozess der Erprobung verwirklicht werden kann.

Große Erwartungen an Neugründungen

Doch wer könnte Treiber dieser Entwicklungen sein? Schon damals, im 19. Jahrhundert, waren es vor allem neue, unabhängig von etablierten publizistischen Strukturen entstandene Medien, die den Wandel vorantrieben. Dementsprechend groß sind heute die Erwartungen an journalistische Gründungen wie Mediapart in Frankreich, De Correspondent in den Niederlanden und Krautreporter in Deutschland. Unlängst betonte gar der Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BZDV) und Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner: „Ich glaube, was wir gerade erleben, ist eine Gründerwelle völlig neuer Medienunternehmen. Die meisten der traditionellen Medienunternehmen werden in ein paar Jahrzehnten verschwunden sein. […] Es wird eine völlig neue Generation von Medienunternehmen entstehen.“

Wie in so vielen Branchen werden auch im Journalismus allerlei überzogene Hoffnungen auf Start-ups und Gründungen projiziert: Sie sollen innovative Finanzierungsmöglichkeiten erschließen, verlorengegangene Leser:innenschichten wieder für den Journalismus begeistern, Arbeitsweisen abseits der traditionellen Redaktion erproben.

In der Tat können Neugründungen ein Labor für neue Lösungen bilden, da sie sich schon am Markt von den etablierten Medien differenzieren müssen, in ihrer Innovationsentwicklung aber nicht von bestehenden Unternehmenstraditionen oder einem engen Branchendenken eingeschränkt sind. Noch dazu können sie zu Trendgebern und Prototypen für die ganze Medienbranche werden, wenn sich die von ihnen erprobten Neuerungen in Produkten, Organisationsformen und Erlösmodellen als marktgängig erweisen und traditionelle Anbieter diese kopieren .

Erhebliche Hürden und Herausforderungen

In der Praxis tun sich viele der journalistischen Gründungen hingegen schwer. Die Forschung zeigt, dass die neuen Verlegerinnen und Verleger außerordentlich komplizierte Startbedingungen vorfinden. Unter den zahlreichen Herausforderungen sticht in Deutschland insbesondere der Mangel an solider Initial- und Anschubfinanzierung hervor, auf deren Grundlage ihre Experimente sozial verträglich abgebildet werden könnten.

Der Aufbau von Reichweite, die Gewinnung von (zahlenden) Nutzerinnen und Nutzern und – allem voran – die Herstellung qualitätvoller Inhalte lässt sich nicht mit Bordmitteln finanzieren. Zur Veranschaulichung: Die überaus erfolgreiche französische Gründung Mediapart, 2007 von vormaligen Le Monde-Redakteuren gestartet, benötigte in ihrer Anfangsphase fast sechs Millionen Euro Anschubfinanzierung. Die Gründer hatten sich gewaltig verkalkuliert , mehrfach mussten sie weitere Investoren gewinnen, die Gelder nachschossen.

Auch in Deutschland berichten Journalismusgründer, wie sie nur knapp an der Insolvenz vorbeischliffen . Die schwierige Finanzierungssituation trifft selbst diejenigen, die aus dem Journalismus kein Geschäft machen und in der laufenden Finanzierung auf Spenden oder Stipendien setzen; auch sie benötigen eine Startfinanzierung für den Aufbau ihrer gemeinwohlorientierten Journalismusprojekte.

Keine Frage: Unternehmerinnen und Unternehmer müssen ein mögliches Scheitern stets einkalkulieren. In vielen Branchen fallen sie jedoch vergleichsweise weich, da der Zugang zu Kapital leichter ist und private Verschuldung vermieden werden kann. Nicht so im Journalismus: Privatwirtschaftliche Kapitalgeber – etwa sogenannte Accelerator-Programme, die Gründungen in frühen Entwicklungsphasen finanziell und beratend unterstützen – legen einen deutlichen Fokus auf Technologieunternehmen. Diese sind gegenüber journalistischen Gründungen weit weniger personalintensiv und versprechen insgesamt größere Wachstumschancen und Veräußerungsgewinne.

Auch die Investitionen traditioneller Medienhäuser fließen im digitalen Bereich verstärkt in medienferne, nicht-journalistische Geschäftsfelder. Etwa die von Mathias Döpfner geführte Axel Springer SE betätigt sich zunehmend außerhalb des traditionellen Geschäft mit journalistischen Inhalten und hat, wie der Medienökonom Frank Lobigs in einer Studie schreibt, mit ihren Online-Rubrikenmärkten „ein neues Kerngeschäft gefunden“. Hinzu kommen die Vorstöße, die Krise des Journalismus durch Umwegsubventionen wie ein europäisches Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu lösen, mit denen potenziell große Kollateralschäden verbunden sind.

Bliebe noch der öffentlich-rechtliche Rundfunk: Er hätte die Chance, sich als Partner, Unterstützer, mithin sogar Organisator einer journalistischen Gründungslandschaft in Deutschland, die ja durchaus Public Value stiftet , zu positionieren. Die entsprechenden Vorschläge liegen auf dem Tisch, doch die Öffentlich-Rechtlichen ziehen sich scheinbar auf die Position zurück, mit dem Start ihres Jugendangebots funk, das ja als „Content-Netzwerk“ in der Tat vieles vorwegnimmt, sei das Innovationssoll der nächsten Jahre einstweilen erfüllt.

Unterstützung für journalistische Experimente

Gründerinnen und Gründern im Journalismus bleibt zumeist nichts anderes, als sich „am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen“, also eine Finanzierung zu stemmen durch die zumeist geringen Einnahmen, die das Geschäft anfangs abwirft. Andere Quellen sind – wenn denn vorhanden – Eigenkapital oder Crowdfunding-Kampagnen, deren Unterstützer dann ganz überwiegend wieder die eigenen Kolleginnen und Kollegen sind.

Wenige institutionelle Alternativen bestehen: In Bayern organisiert die Bayerische Landeszentrale für neue Medien gemeinsam mit dem Staatsministerium für Digitales, Medien und Europa eine Anschubfinanzierung im „Media Lab Bayern“ , in dem Raum für Trial-and-Error-Prozesse im Journalismus eröffnet werden soll. In Nordrhein-Westfalen hat „Vor Ort NRW“ der Landesanstalt für Medien einen Fokus auf die Unterstützung regionaljournalistischer Neugründungen. Auch wenige Stiftungen (z.B. die August-Schwingenstein-Stiftung oder die Schöpflin-Stiftung) engagieren sich und unterstützen vereinzelt journalistische Projekte. Eine Studie von Lutz Frühbrodt zeigt aber, dass in Deutschland gerade einmal 85 von gut 22.000 Stiftungen die Förderung des Journalismus als Ziel haben.

Das ist zu wenig. Dafür spricht auch, dass die US-amerikanischen Digitalunternehmen Google und Facebook in den letzten Jahren mit millionenschweren Förderinitiativen für digitalen Journalismus gestartet sind. (netzpolitik.org berichtete. ) Sie, deren Dominanz im digitalen Medienmarkt gerade von Presseverlagen regelmäßig beklagt wird, zählen mittlerweile zu den größten Finanziers der journalistischen Gründerlandschaft in Deutschland. Welch eine Ironie.

Wie weiter?

Allein vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert und notwendig, die Anschubfinanzierung für journalistische Gründungen in Deutschland zu verbessern. Dabei sind verschiedene Akteure gefragt:

Die private Pressewirtschaft sollte ihre publizistische Verantwortung, die sie in gesellschaftlichen Debatten regelmäßig für sich reklamieren, auch durch die Förderung journalistischer Innovationen außerhalb der Grenzen der eigenen Organisation wahrnehmen.

Stiftungen sollten ihre Kräfte bündeln und gemeinsam Gelder in einen Start-up-Fonds für journalistische Experimente einbringen. Die Grundlagen hierfür sind gelegt, u.a. durch den schon seit 2015 tagenden „Expertenkreis Qualitätsjournalismus“ im Bundesverband Deutscher Stiftungen.

Forschung und Lehre an Hochschulen sind aufgerufen, sich verstärkt mit den gründungsbezogenen Herausforderungen des Journalismus auseinanderzusetzen und stärker auf „Media Entrepreneurship Education“ zu setzen. Sie sollten angehenden Medienschaffenden verdeutlichen, welche Potenziale (aber auch Risiken) mit Neugründungen verbunden sind.

Die Medienpolitik ist gefordert, nicht bestehende Wertschöpfungsstrukturen durch Gesetzgebung zu konservieren, sondern vielmehr vorwärtsgerichtete Rahmenbedingungen und staatsfern organisierte Transformationshilfen zu schaffen. Wenn der Journalismus eben jenen vielfach beschworenen Eckpfeiler unseres demokratischen Gemeinwesens bildet, dann rechtfertigt dies spezifische Förderlinien für die Branche, ähnlich etwa der Energiewirtschaft. Die Landesmedienanstalten, das zeigen die Beispiele aus Bayern und Nordrhein-Westfalen, können dabei eine wichtige Mittlerfunktion einnehmen.

Natürlich kann es nicht darum gehen, Gründungen dauerhaft an den Tropf institutioneller Förderer zu hängen. Vielmehr sollten finanziell abgesicherte Experimentierräume und Reallabore geschaffen werden, in denen hoffnungsvolle Gründungen neue Produkte, Erlösquellen und Arbeitsweisen über das notwendige Zeitfenster erproben können, bis sie im Erfolgsfalle auf eigenen Beinen stehen.

Hierzu bedarf es der Einsicht, dass nicht alle Experimente glücken werden. Branchenübergreifend – und das heißt auch in Sektoren mit eingespielten Geschäftsmodellen – scheitern etwa die Hälfte aller Gründungen während der ersten sechs bis sieben Jahre. Die Finanzgeber müssen sich darüber bewusst sein, dass sie Risikokapital investieren. Die Alternative aber wäre, dass publizistische Experimente zum Wohle des Journalismus und unserer Gesellschaft zu häufig in der Insolvenz oder privaten Verschuldung enden.

Christopher Buschow ist Juniorprofessor für „Organisation und vernetzte Medien“ an der Bauhaus-Universität Weimar, wo er schwerpunktmäßig zu Unternehmensgründungen in der Medienbranche forscht. Für seine Arbeiten wurde Buschow mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung und dem Niedersächsischen Wissenschaftspreis ausgezeichnet.

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Was vom Tage übrig blieb: Transparenz im Bundestag, Artikel 13 und doch keine Bots

Heute ist die Rache des Papstes wunderschön zu sehen. CC-BY 2.0 netzpolitik.org EU-Copyright-Reform: die Modernisierung des Urheberrechts ist aus dem Blickfeld geraten (Heise)

Auch abgesehen von Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht ist die EU-Urheberrechtsreform nicht so der Renner, sagt Reto Hilty, Urheberrechtsexperte und Geschäftsführender Direktor des Münchner Max Planck Institut für Innovation und Wettbewerb im Interview mit Heise.

Gemeinnützigkeit: Politischer Streit ist nützlich (Süddeutsche Zeitung)

Heribert Prantl befürchtet, dass nun kritische Vereine in Folge eines Bundesfinanzhofsurteils gegen Attac finanziell ausgehungert werden. Hier gibt es die Stellungnahme des Bündnisses für Gemeinnützigkeit zur Zulässigkeit politischer Betätigungen durch gemeinnützige Organisationen .

Revealed: Facebook’s global lobbying against data privacy laws (Guardian)

Eine neue Recherche von Cambridge-Analytica-Aufdeckerin Carole Cadwalladr zeigt, wie Facebook weltweit für schwächere Datenschutzregeln lobbyiert. Eine besondere Rolle spielt dabei die irische Regierung, die als Freundin des Konzerns in Europa gilt und laut dem Bericht in Brüssel seinen Einfluss für Facebook geltend machte.

Netizen Report: Two of Egypt’s leading digital activists await their release from prison, after years behind bars (Advox)

Der Fotograf Mahmoud Abu Zeid und der Blogger Alaa Abd El Fattah kommen nach fünf Jahren Gefängnis in Ägypten diese Woche frei.

Auskunftsrecht für Journalisten: Der Bundestag soll wieder transparenter werden (Tagesspiegel)

Medienpolitiker verschiedener Parteien und der DJV wollen mit einem Presseauskunftsgesetz erreichen, dass der Deutsche Bundestag entgegen einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch über parlamentarische Angelegenheiten informieren muss. Das müsste jetzt nur noch von der Großen Koalition gewollt sein.

Haben US-Konzerne mit Twitter-Bots die EU-Urheberrechts­debatte beeinflusst? (Übermedien)

Eine der vielen Desinformationen aus der FAZ zur Urheberrechtsdebatte: Ein Unternehmer, der mit Urheberrechtsdurchsetzung sein Geld verdient, hat die These aufgestellt, dass viele Tweets zur Urheberrechtsreform aus den USA kommen. Und für den vermeintlichen Beleg der „Kritiker sind Bots“-These hat er große Medienaufmerksamkeit der Befürworter von Artikel 13 bekommen. Der Datenanalyst Luca Hammer hat sich das Datenmaterial angeschaut und festgestellt, dass danach selbst die deutsche EU-Abgeordnete Julia Reda als US-Bot gilt. Das ganze Datenmaterial wie auch die Analyse sind demnach mehr als irreführend. Wir sind gespannt, ob die FAZ sich dabei korrigiert.

Das Problem mit den Falsch-Positiven (Süddeutsche Zeitung)

Die SZ beschreibt das Problem hinter Predictive Policing – und das ist Mathematik.

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Upload-Filter: Konservative wollen mit Verfahrenstrick europaweiten Protesten zuvorkommen

Mehrere Tausend Menschen demonstrierten am 2. März in Berlin. Für den 23. März sind europaweite Proteste geplant – dem will die Union jetzt zuvorkommen. CC-BY-NC-SA 2.0 Tim Lüddemann Manfred Weber, der CSU-Politiker und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, plant offenbar die umstrittene Abstimmung zur EU-Urheberrechtsreform vorzuverlegen. Und zwar noch vor den 23. März, an dem europaweit Proteste gegen die Reform stattfinden.

Das vermeldete die Europaabgeordnete Julia Reda auf Twitter . Sie sagt: „Es ist ein Unding, mit welcher Verachtung die Union hier den öffentlichen Protesten entgegen tritt. Es ist das eine, anderer Meinung zu sein und anders abzustimmen, aber mit Verfahrenstricks den Protesten am 23. März das Wasser abzugraben und im Vorfeld diese Abstimmung durchzudrücken, ist wirklich ein undemokratisches Verhalten.“ Die Europaabgeordnete rief zu Protesten gegen diesen Schritt auf.

Die Vorverlegung der Abstimmung soll offenbar der immer größeren Protestbewegung gegen die Urheberrechtsreform entgegenwirken. Damit wollen die Konservativen wohl eine Wiederholung des Falls ACTA verhindern: 2012 lehnte das EU-Parlament das umstrittene Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums nach massiven Protesten ab.

Spontandemo an der Berliner CDU-Zentrale am Dienstag

Die Zivilgesellschaft protestierte umgehend gegen den ungewöhnlichen Schritt Webers. „Eine vorverlegte Abstimmung ist der Versuch unserem Protest zu entgehen“, sagt Pascal Fouquet von Save the Internet. Die Bürger würden durch so etwas immer skeptischer gegenüber der EU. „Die Urheberrechtsrichtlinie zerstört das Internet, das Vorgehen befeuert die Spaltung Europas“, so Fouquet weiter.

Auch Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, ist empört: „Die Abgeordneten und ihre Bürokräfte beschweren sich bei den Engagierten dass der Protest ’nervt‘ und wollen nun mit einem weiteren Hütchenspielertrick dem europaweiten Protest entgehen. Wenn Ihnen der Arsch dermaßen auf Grundeis geht, sollten sie eventuell mal ihre Positionen überdenken, statt zu versuchen, den Protest auszutricksen.“ Der Schritt sei ein katastrophales Signal an alle, die sich demokratisch engagieren wollen und ein Geschenk an jene, die stumpfen Populismus zelebrieren.

Der österreichische Bürgerrechtler und Internetaktivist Thomas Lohninger sagt gegenüber netzpolitik.org: „Mit dieser Aktion betreibt die Europäische Volkspartei Raubbau an der Demokratie. Wie kann man kurz vor der Europawahl einer ganzen Generation das Recht der Mitbestimmung absprechen, nur um den Lobbyinteressen zu entsprechen. “

Der Musiker Bruno Kramm, der auch die Demonstration am 23. März in Berlin mitveranstaltet, hat für Dienstag, den 5. März um 18 Uhr eine Spontandemonstration vor der CDU-Zentrale in Berlin angemeldet. Die Demonstration richtet sich gegen die Vorverlegung der Abstimmung.

Proteste werden größer – und finden mehr Beachtung

Nach zwei Demonstrationen in Köln mit mehreren Tausend Teilnehmern, hatten am vergangenen Wochenende zwischen 3.000-5.000 Menschen in Berlin gegen die Uploadfilter demonstriert . Die Demonstration hatte für ein breites bundesweites mediales Echo gesorgt: Die Debatte um die Reform ist nicht nur auf der Straße angekommen, sondern auch in den heimischen Wohnzimmern.

So berichtete das ZDF in „heute“ und in „berlin direkt“ , auch die Tagesschau und der Bericht aus Berlin brachten die Uploadfilter und die Proteste auf den Schirm. Zeitungen quer durch die ganze Republik berichteten von der Demonstration: Vom Handelsblatt über Boulevardblätter wie die B.Z. bis hin zu Spiegel Online .

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Deutsche Datenschützer alarmiert über Facebooks interne Spitzelabteilung

Facebooks Europa-Zentrale in Dublin. Auch hier späht das firmeneigene Sicherheitsteam. CC-BY-SA 2.0 William Murphy Facebooks Sicherheitsteam nutzt offenbar die Datenflut des Unternehmens, um tatsächliche und angebliche Gefahren für das Unternehmen und seine Mitarbeiter zu observieren. Dabei schreckt Facebook nicht davor zurück, die Standortdaten von Ex-Mitarbeitern auszulesen oder die Nachrichten von Praktikanten zu lesen, die nicht zur Arbeit erscheinen, berichtete zuletzt der US-Sender CNBC . Wer für Facebooks Spitzeleinheit als Gefährder gilt, wird demnach auf eine eigene Liste mit dem Namen „Be on the lookout“ gesetzt, im internen Jargon als „BOLO“ bekannt.

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar bezeichnet das gegenüber netzpolitik.org als „schlicht alarmierend“. Eine derartige Überwachung gerade durch ein Unternehmen, das massenhaft Daten von hunderten Millionen von Menschen verarbeite, müsse schlimmste Befürchtungen wecken. „Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass zu befürchten ist, dass entsprechende Listen auch an Standorten existieren, an denen Facebook nationale Niederlassungen betreibt“, so Caspar in einer schriftlichen Antwort an uns.

Auch Journalisten im Visier?

Facebook macht kein Geheimnis daraus, dass es solche Methoden nicht nur am Stammsitz in den USA, sondern überall verwendet. Das Sicherheitsteam von Facebook arbeite daran, die Firma rund um die Erde vor Gefahren zu schützen, sagt ein Facebook-Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber netzpolitik.org. Das gelte auch für Europa. Die Firma schließt auf Anfrage nicht aus, hierzulande Ex-Mitarbeiter oder gar Journalisten auf die schwarze Liste zu setzen.

Facebooks Firmensitz in Europa ist in Dublin. In Deutschland unterhält Facebook in Hamburg und Berlin Büros mit dutzenden Angestellten. Zudem arbeiten hunderte Mitarbeiter externer Firmen in Leipzig und Essen als Content-Moderatoren für Facebook.

Laut dem Bericht von CNBC führt Facebook bereits seit 2008 seine Liste mit Menschen, die das Unternehmen als Gefahr für sich einstuft. Sie enthält hunderte von Namen, Bilder und Angaben über häufige Aufenthaltsorte. Den Betroffenen ist meist nicht klar, dass Facebook sie im Visier hat. Nach übereinstimmenden Angaben mehrerer Mitarbeiter landet praktisch jeder gefeuerte Ex-Mitarbeiter von Facebook auf der Liste.

Das firmeneigene Sicherheitsteam durchsucht Facebook nach bedrohlichen Kommentaren, berichtet CNBC. Wer als Gefahr eingestuft wird, dessen Standort-Daten werden durch die Facebook-App oder die IP-Adresse gesammelt. Weitere Spitzelmaßnahmen werden dann von Fall zu Fall entschieden, berichtet der Sender.

Facebook bestreitet, mit seinem Vorgehen gegen Datenschutzregeln zu verstoßen. „Wir haben strenge Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre von Leuten und halten uns an geltende Gesetze und Bestimmungen“, sagt ein Facebook-Sprecher. „Jegliche Annahme, dass unser am Firmengelände tätiges Sicherheitsteam überzogen hat, sind absolut falsch.“

Fragenkatalog an Konzernzentrale

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte schickt als Reaktion einen Fragenkatalog an die deutsche Niederlassung von Facebook sowie an die Konzernzentrale in den USA. „Entsprechende Vorgehenspraktiken sind mit den Datenschutzrechten Betroffener und Grundrechten wie Meinungs- und Medienfreiheit schwerlich vereinbar“, schrieb uns Caspars Amt. Die Hamburger Behörde schaltete auch die Datenschutzbehörde in Irland ein, die in Europa die Hauptzuständigkeit für Facebook hat. Die irischen Datenschützer gaben auf Anfrage von netzpolitik.org zunächst keine Stellungnahme zum Fall ab.

Der Hamburger Datenschützer will das Thema auch bei der nächsten Konferenz aller europäischen Behörden, dem Europäischen Datenschutzausschuss in Brüssel, auf die Tagesordnung setzen.

Facebook steht seit der Affäre um Cambridge Analytica wegen seinem Umgang mit Nutzerdaten in der Kritik. Die Datensammlung durch das Sicherheitsteam, die nun bekannt wurde, stellt aber eine neue Dimension dar: Der Konzern übt damit über Ex-Mitarbeiter und Menschen in deren unmittelbarem Umfeld Kontrolle aus. Da passt es ins Bild, dass frühere Angestellte die Atmosphäre bei Facebook als „sektenartig“ beschreiben. Auch wenn der Wunsch, sich vor Sicherheitsbedrohungen zu schützen verständlich ist, die weltweite Bespitzelung durch Facebooks Sicherheitsteam ist einfach nur gruselig.

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5000 Menschen demonstrieren in Berlin gegen Uploadfilter und rufen: „Wir sind keine Bots“!

Das sind die Bots, über die man in Zeitungen liest: Das Internet geht auf die Straße.Die Demonstrationen gegen Uploadfilter haben jetzt auch die Hauptstadt erreicht. Bei der Demonstration #Berlingegen13 gingen heute nach Angaben der Veranstaltern mehr als 5000 Menschen auf die Straße. Die Demonstration zog bei eisiger Kälte vom Axel-Springer-Hochhaus über das Jusizministerium zur Vertretung der Europäischen Union vor dem Brandenburger Tor. Die Veranstalter hatten ursprünglich mit 500 Demonstrierenden gerettet.

Zu der Demonstration hatten der Chaos Computer Club, die Digitale Gesellschaft, der Journalistenverband Freischreiber und der Hackerinnen-Space Heart of Code zusammen mit anderen Initiativen, Vereinen und Parteien aufgerufen .

In der Eingangsrede vor dem Axel-Springer-Haus sprach ich über die allgemeine Kritik an der EU-Urheberrechtsreform ein und spannte einen Bogen vom Leistungsschutzrecht für Presseverleger bis zu Uploadfiltern: „Wir sind nicht gegen das Urheberrecht. Wir sind aber gegen verpflichtende Uploadfilter!“ (Redetranskript )

Markus Reuter formulierte für den Digitale Gesellschaft e.V. die Sorge, dass Uploadfilter die Meinungsfreiheit einschränken können: „Wir sind in Sorge, dass mit dieser Urheberrechtsreform und mit den Uploadfiltern eine Infrastruktur geschaffen wird, die später für staatliche Zensur genutzt werden kann.“

Vor dem Justizministerium gab es das Jodel-Duo „Esels Alptraum“ ein Ständchen gegen Artikel 13 zum Besten,  begleitet von einem vier Meter langen Alphorn. Dort vertrat Carola Dorner die Perspektiver freier Journalisten: „Wir sind dagegen, dass hier ein Reformvorschlag Gesetz wird, der den Urheber gegenüber dem Verwerter wieder einmal in eine schlechtere Verhandlungsposition versetzt“. (Redetranskript )

Auf der Abschlußkundgebung vor dem Europäischen Haus am Brandenburger Tor sang das Publikum mit dem Youtuber Willboy seinen Protest-Hit „Wir sind keine Bots“ .

Zahlreiche bunte Schilder und Sprüche, neben den Klassiker wie „Wir sind die Bots“, abgewandelt auch als „Wir sind keine Bots“, wurde auch „Dieselfilter statt Uploadfilter“, „Rettet das Internet“ oder „Neuland statt Vossland“ gefordert und die Uploadfilter als Gefahr für die Demokratie kritisiert.

Dei Menschen skandierten „Wir sind keine Bots“ und „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns das Internet klaut“, tanzten zu Technobässen durch die Friedrichstraße und Unter den Linden durch die Stadt. Ungewöhnlich waren auch die vielen Video-Blogger, die über ihre Kanäle bei Youtube oder Twitch Livestreams von der Demonstration sendeten.

Nachdem bereits zwei erfolgreiche Demonstrationen in Köln Protest aus dem Netz auf die Straße gebracht hatten, legte Berlin nochmal etwas drauf. Das alles war aber nur der Zwischenschritt zu den EU-weiten Demonstrationen am 23. März , zu denen in vielen Städten aufgerufen wird.

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