Bald landen in ganz Europa alle Fingerabdrücke im Personalausweis

Die britische Polizei beim Fingerabdrücke-Nehmen: Bald auch für Personalausweise verpflichtend? CC-BY-SA 2.0 West Midlands Police Wer einen neuen Personalausweis holt, muss wohl bald seinen Fingerabdruck abgeben. In Brüssel steht ein Gesetz vor dem Beschluss, nachdem Fingerabdrücke und biometrische Fotos in jedem neuen Ausweis auf einem Chip gespeichert werden müssen. Verhandler einigten sich heute in Brüssel auf einen Entwurf, der das vorschreibt. Stimmt das EU-Parlament zu, ist die umfassende Anordnung zur Sammlung biometrischer Daten bald auch in Deutschland Gesetz.

Die Speicherpflicht kommt auf Druck der Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission. Biometrische Daten sollen Ausweise sicherer vor Betrug und Identitätsdiebstahl machen. Auf die Maßnahme drängte unter anderem Deutschland: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält sie für „zwingend erforderlich“, sagte sein Amt der Süddeutschen Zeitung .

Sammlung von Millionen Fingerabdrücken

Allerdings sind Ausweisdokumente ohnehin bereits ziemlich sicher: Die EU-Grenzagentur Frontex meldete in vergangenen Jahren eine stark rückläufige Zahl an gefälschten Dokumenten bei der Einreise, trotz steigender Einreisezahlen. Warum also das Gesetz?

Die EU-Verordnung könnte Fingerabdrücke von bis zu 370 Millionen Europäern in die Datenbanken wandern lassen. Bisher speichern nur zehn EU-Staaten Fingerabdrücke in Ausweisen. In Deutschland war das Speichern von Fingerabdrücken bislang nur im Reisepass verpflichtend, im Personalausweis hingegen freiwillig.

Mit dem neuen EU-Gesetz wachsen die amtlichen Datenspeicher. In Deutschland greifen nach einer Gesetzesänderung vor der Bundestagswahl 2017 Polizeien und Geheimdienste bereits automatisiert auf vorhandene biometrische Daten von Pass- und Ausweisbesitzer zu – sogar ohne Protokollierung der Zugriffe bei den Meldebehörden.

Bürgerrechts-Bedenken

Gegen den automatisierten Zugriff läuft eine Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrecht. Unter den Beschwerdeführern sind auch Markus Beckedahl und Andre Meister von netzpolitik.org. Die Sammlung biometrischer Daten könne in Verbindung mit sogenannter „intelligenter Videoüberwachung“ nach Vorbild des Testlaufs am Bahnhof Berlin-Südkreuz zu umfassender Observierung des öffentlichen Raums führen, warnen die Beschwerdeführer .

EU-Datenschützer meldeten indes wegen der anwachsenden Sammlung biometrischer Daten in ganz Europa Bedenken an. Die Speicherung von Fingerabdrücken gehe über den Zweck von Personalausweisen hinaus und sei zu weitgehend, urteilt die Grundrechteagentur FRA . Der Gesetzgeber müsse zudem das Risiko illegaler Abrufung der Daten in Betracht ziehen. Der Europäische Datenschutzbeauftragte betont in seiner Stellungnahme , Personalausweise ließen sich auch durch weniger in die Privatsphäre eingreifende Mittel sichern.

Skepsis im EU-Parlament

Der nun beschlossene Entwurf ist Ergebnis eines Tauziehens zwischen den EU-Staaten, der Kommission und dem Parlament. Das EU-Parlament überließ es in seinem Entwurf den Mitgliedsstaaten, ob sie die Speicherung von Fingerabdrücken verpflichtend machen wollen. Abgeordnete von Linken, Grünen und Sozialdemokraten forderten zudem, dass die Fingerabdrücke nur für die Sicherung der Ausweise genutzt werden dürfen.

Doch die Mitgliedsstaaten stellten sich in ihrer gemeinsamen Ratsposition gegen solche Ausnahmen. In den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament setzte sich die Hardliner-Position durch, die Verwendung der Daten bleibt im Entwurf den Mitgliedsstaaten überlassen.

Die heutige Einigung verhandelte der französische Liberale Gerard Deprez für das Parlament. Über den Entwurf stimmt nun allerdings der Bürgerrechts-Ausschuss und danach das ganze EU-Parlament ab. Noch haben die Abgeordneten ein Chance, nein zur Datensammelei zu sagen.

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Erstellt am: 19. Februar 2019

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