Upload-Filter: Konservative wollen mit Verfahrenstrick europaweiten Protesten zuvorkommen

Mehrere Tausend Menschen demonstrierten am 2. März in Berlin. Für den 23. März sind europaweite Proteste geplant – dem will die Union jetzt zuvorkommen. CC-BY-NC-SA 2.0 Tim Lüddemann Manfred Weber, der CSU-Politiker und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, plant offenbar die umstrittene Abstimmung zur EU-Urheberrechtsreform vorzuverlegen. Und zwar noch vor den 23. März, an dem europaweit Proteste gegen die Reform stattfinden.

Das vermeldete die Europaabgeordnete Julia Reda auf Twitter . Sie sagt: „Es ist ein Unding, mit welcher Verachtung die Union hier den öffentlichen Protesten entgegen tritt. Es ist das eine, anderer Meinung zu sein und anders abzustimmen, aber mit Verfahrenstricks den Protesten am 23. März das Wasser abzugraben und im Vorfeld diese Abstimmung durchzudrücken, ist wirklich ein undemokratisches Verhalten.“ Die Europaabgeordnete rief zu Protesten gegen diesen Schritt auf.

Die Vorverlegung der Abstimmung soll offenbar der immer größeren Protestbewegung gegen die Urheberrechtsreform entgegenwirken. Damit wollen die Konservativen wohl eine Wiederholung des Falls ACTA verhindern: 2012 lehnte das EU-Parlament das umstrittene Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums nach massiven Protesten ab.

Spontandemo an der Berliner CDU-Zentrale am Dienstag

Die Zivilgesellschaft protestierte umgehend gegen den ungewöhnlichen Schritt Webers. „Eine vorverlegte Abstimmung ist der Versuch unserem Protest zu entgehen“, sagt Pascal Fouquet von Save the Internet. Die Bürger würden durch so etwas immer skeptischer gegenüber der EU. „Die Urheberrechtsrichtlinie zerstört das Internet, das Vorgehen befeuert die Spaltung Europas“, so Fouquet weiter.

Auch Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, ist empört: „Die Abgeordneten und ihre Bürokräfte beschweren sich bei den Engagierten dass der Protest ’nervt‘ und wollen nun mit einem weiteren Hütchenspielertrick dem europaweiten Protest entgehen. Wenn Ihnen der Arsch dermaßen auf Grundeis geht, sollten sie eventuell mal ihre Positionen überdenken, statt zu versuchen, den Protest auszutricksen.“ Der Schritt sei ein katastrophales Signal an alle, die sich demokratisch engagieren wollen und ein Geschenk an jene, die stumpfen Populismus zelebrieren.

Der österreichische Bürgerrechtler und Internetaktivist Thomas Lohninger sagt gegenüber netzpolitik.org: „Mit dieser Aktion betreibt die Europäische Volkspartei Raubbau an der Demokratie. Wie kann man kurz vor der Europawahl einer ganzen Generation das Recht der Mitbestimmung absprechen, nur um den Lobbyinteressen zu entsprechen. “

Der Musiker Bruno Kramm, der auch die Demonstration am 23. März in Berlin mitveranstaltet, hat für Dienstag, den 5. März um 18 Uhr eine Spontandemonstration vor der CDU-Zentrale in Berlin angemeldet. Die Demonstration richtet sich gegen die Vorverlegung der Abstimmung.

Proteste werden größer – und finden mehr Beachtung

Nach zwei Demonstrationen in Köln mit mehreren Tausend Teilnehmern, hatten am vergangenen Wochenende zwischen 3.000-5.000 Menschen in Berlin gegen die Uploadfilter demonstriert . Die Demonstration hatte für ein breites bundesweites mediales Echo gesorgt: Die Debatte um die Reform ist nicht nur auf der Straße angekommen, sondern auch in den heimischen Wohnzimmern.

So berichtete das ZDF in „heute“ und in „berlin direkt“ , auch die Tagesschau und der Bericht aus Berlin brachten die Uploadfilter und die Proteste auf den Schirm. Zeitungen quer durch die ganze Republik berichteten von der Demonstration: Vom Handelsblatt über Boulevardblätter wie die B.Z. bis hin zu Spiegel Online .

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Erstellt am: 4. März 2019

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