Rede: Wir sind nicht gegen das Urheberrecht. Wir sind aber gegen verpflichtende Uploadfilter!

Ich bin Verleger, Urheber und Mitglied der VG Wort. Man muss das ja in diesen Tagen immer dazu sagen.

Denn die Befürworter dieser Urheberrechtsreform suggerieren derzeit immer, dass alle Urheber und Verleger und Mitglieder in Verwertungsgesellschaften hinter diesen jetzt beschlossenen Reformplänen stehen würden.

Ich stehe nicht dahinter und ihr offensichtlich auch nicht, sonst wärt ihr nicht gekommen.

Ich kann die Befürworter von Artikel 13 verstehen: Sie wünschen sich eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Youtube, Facebook und Co und sehen in dem gesetzlichen Konstrukt rund um Artikel 13 dafür einen Hebel.

Leider hab ich nicht das Gefühl, dass ihnen bewusst ist, dass die von ihnen gewünschten rechtlichen und technischen Umsetzungen das Internet, wie wir es kennen und schätzen gelernt haben, massiv verändern kann. Oder sie nehmen das in Kauf für ihren eigenen Vorteil.

Und ich hab nicht das Gefühl, dass man sich ausführlich und mit technischer Kompetenz mit möglichen Folgen beschäftigt und diese verstanden hat.

Sonst würden sie nicht behaupten, dass Uploadfilter keine Gefahr für die Meinungsfreiheit darstellen.

Ich bin für ein zeitgemässes Urheberrecht. Aber die gerade zu Ende verhandelte Reform steht nicht dafür, sondern für eine mediale Welt von gestern.

Das Urheberrecht ist leider viel zu kompliziert.

Fragt mal den Chefverhandler Axel Voss von der CDU, der regelmäßig seine Unkenntnis über das Urheberrecht zeigt, aber trotzdem als Experte gilt.

Und der arbeitet an dem Thema seit Jahren und hat es aber immer noch nicht im Detail verstanden.

Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass er selbst als reiner Konsument kaum betroffen ist.

Und seine Facebook-Seite von seinen Mitarbeitern säubern ließ, als Zweifel aufkamen, ob er für alle dort geposteten Meme und Bilder überhaupt die Lizenzrechte hätte.

Viele von uns sind aber keine Konsumenten mehr, wir sind durch das Netz auch Sender geworden. Und stehen bereits jetzt ständig mit einem Bein in einer Urheberrechtsverletzung oder haben schon Abmahnungen bekommen.

Nur um mal die Komplexität des Urheberrechts aufzuzeigen:

Das von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte  Buch „Urheberrecht im Alltag“ erklärt auf 385 Seiten, was man als aktiver Nutzer im Netz alles beachten sollte, um bloss keine unbewusste Urheberrechtsverletzung zu begehen.

Das hätte Axel Voss mal lesen sollen, damit er verstanden hätte, dass von den Uploadfiltern in Artikel 13 nicht nur Youtube und Facebook betroffen sein könnte, sondern das halbe Internet noch dazu.

Denn nicht nur professionelle Fotos, was auch immer das ist, sind davon betroffenen.

Sondern alle Fotos und Videos und Texte. Meine, Eure und auch die von Axel Voss. Auch wenn er kein professioneller Fotograf ist.

Ein Problem ist: Man schießt mit der Schrotflinte Artikel 13 auf Youtube und Facebook und trifft aber leider noch das halbe Internet dazu.

Wenn man alle Ausnahmen zusammen zählt, bleiben leider immer noch unzählige Plattformen übrig, die älter sind als drei Jahre und nach weitreichender Definition auch mit nur einem Banner zur Refinanzierung der Serverkosten als kommerziell gelten und zu Uploadfiltern verpflichtet werden können.

Unsere Befürchtung ist: Das stärkt nochmal die Großen extra, denn Google und Facebook haben bereits Uploadfilter-Systeme im Einsatz und können die an kleinere Unternehmen lizenzieren, die sich keine aufwändige Entwicklung leisten können.

Die Art und Weise, wie viele von uns kommunizieren, ist durch Uploadfilter gefährdet. Viele von uns kommunizieren mit popkulturellen Referenzen. Man nennt das auch im Volksmund auch Meme.

Meme basieren fast immer auf fremden Bild- oder Videoinhalten und funktionieren oft gerade deshalb, weil sie bekanntes oder popkulturelles Material aus Filmen, TV-Serien oder Presseberichterstattung in einen neuen Kontext stellen.

Und wenn Euch jemand erzählt, Meme und Parodien wären durch die Uploadfilter nicht gefährdet, dann lasst Euch nicht verarschen!

Trotz netter Formulierungen in Artikel 13 reichen aber das bestehende Zitatrecht und die Rechtssprechung zur Kunstfreiheit nicht aus, um Meme legal verwenden zu können.

Und hier ist das Problem: Wir haben kein Recht auf Remix im europäischen Urheberrecht, weil die Befürworter von Artikel 13 das nicht haben wollten

Wenn man wirklich ein Interesse daran gehabt hätte, Meme und Parodien legal zu haben und nicht von Uploadfiltern blockieren zu lassen, dann hätte man ein Recht auf Remix durchgesetzt und die Verwendung von Memen legalisiert.

Da hab ich eher das Gefühl: Entweder haben es die Befürworter nicht ausreichend verstanden oder sie sagen nicht die Wahrheit.

Leider kann man das Gesetz nicht wieder zurückdrehen, wenn es denn in der Realität plötzlich viele Meme wegfiltert, obwohl doch viele Politiker versprechen, dass das nicht passieren wird.

Aber es gibt nicht nur Artikel 13 in dieser Reform.

Es gibt auch Artikel 11, das Leistungsschutzrecht.

Wir stehen hier vor Axel-Springer und deren Lobbyisten haben seinerzeit federführend das Leistungsschutzrecht für Presseverleger auf den Weg gebracht.

Damals haben wir schon befürchtet, dass das zu Lasten der kleinen Plattformen und Aggregatoren geht, Rechtsunsicherheit schafft und nur die Großen davon profitieren.

Und was wurde daraus? Kleine Aggregatoren gaben auf, viele Startups kämpften mit Rechtsunsicherheiten.

Und gerade Google, gegen die das argumentativ doch durchgesetzt werden sollte, bekam eine Freilizenz, weil sie sonst Verlagsangebote aus ihren Suchanfragen ausgelistet hätten.

Mit anderen Worten: Es ist genau das eingetreten, vor dem wir gewarnt haben.

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger wurde in Deutschland zum Rohrkrepierer. Und dann versprach der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger, das als Exportschlager auf die EU-Ebene zu bringen.

Dann gibt es noch Artikel 12.

Und das ist der Grund, warum die Freischreiber als Verband der freien Journalisten mit uns heute hier demonstrieren.

Denn eigentlich sagt die Rechtssprechung, dass Erlöse aus Verwertungsgesellschaften komplett den Urhebern gehören sollten.

Aber mit Artikel 12 sollen die Urheber die Hälfte vom Kuchen mit Verlegern und Medienkonzernen teilen.

Wenn Euch jemand sagt, diese Reform stärkt die Rechte von Urheberinnen und Urhebern, dann sagt einfach: Artikel 12 macht das Gegenteil.

Auch dagegen demonstrieren wir hier.

Aber Uploadfilter drohen uns nicht nur im Rahmen der Urheberrechtsreform.

Wir recherchieren bei netzpolitik.org seit Jahren hinter dem EU Forum Internet her, wo Sicherheitsbehörden, Regierungen und Plattformen zusammen kommen und gemeinsame Maßnahmen koordinieren. Daraus ist der Verordnungsentwurf gegen Terrorpropaganda geworden.

Uploadfilter gegen Terrorpropaganda klingt erstmal gut, wenn man nur an Enthauptungsvideos des Islamischen Staat denkt. Aber die Definition, was unter Terror-Propaganda fallen kann, ist sehr vage.

Und wir befürchten, dass darunter auch schnell legitimier zivilgesellschaftliche Protest wie am Hambacher Wald oder Ende Gelände drunter fallen könnte.

Denn sowohl der Energiekonzern RWE als auch die NRW-Regierung sprachen in diesem Zusammenhang von Terrorvorwürfen. Werden Klimaproteste dann zukünftig direkt beim Hochladen gefiltert und finden in unserer Realität dann nicht mehr statt?

Wer kontrolliert das eigentlich? Es gibt schon freiwillige Filter-Datenbanken, wo Sicherheitsbehörden Links rein schmeißen und große Plattformen diese automatisiert rausfiltern.

Wir wollten mal rausfinden, wie die demokratischen Kontrollen dafür sind und waren erstaunt zu erfahren, dass es keine gibt.

Die EU-Kommission, die das ganze voran getragen hat, und jährlich neue Zahlen präsentiert, wieviele Inhalte gesperrt werden, konnte nicht sagen, wer diese Datenbanken kontrolliert. Auch Europol als ausführende Sicherheitsbehörde hatte keine Ahnung.

Diese Entwicklung ist gefährlich. Hier wird eine gefährliche Kontroll- und Zensurinfrastruktur aufgebaut, die sehr schnell missbraucht werden kann.

Außerdem wissen wir aus so gut wie jeder Überwachungsdebatte: Wenn erstmal ein System eingeführt wird, dann reden wir nur noch über die Ausweitung, fast nie über die Rücknahme.

Und deswegen sind wir kategorisch gegen Uploadfilter.

Denn Systeme, die unsere Kommunikation beim Hochladen nach bestimmten Inhalten checken, sind einfach eine super Zensur- und Kontrolltechnologie.

Wenn die Befürworter dieser Reform das nicht verstanden haben, dann sollten sie lieber mal damit beschäftigen.

Und diese ganze Debatte ist schräg:

Es ist vollkommen ok, wenn die Musikindustrie Udo Jürgens als Lobbyisten in eigener Sache mit zu Kanzlerin Merkel schleppte, um für ein verschärftes Urheberrecht zu werben.

Es ist vollkommen ok, wenn das EU-Parlament den Musiker Jean Michel Jarre als Lobbyisten in eigener Sache in einem Axel Voss Promo-Video verwendet und dabei gleich mit suggeriert, dass die Abstimmung um Uploadfilter schon gelaufen sei.

Aber sobald Youtuber in eigener Sache ihre Interessen artikulieren, ist alles von Google gekauft und inszeniert.

Und wenn sich Menschen im Netz für ihre und unsere Rechte einsetzen und Kritik an einem alten System und alten Strukturen äußern, dann sind das alles Bots. Dann sind wir laut EU-Kommission ein Mob. Das ist doch etwas verlogen!

Deswegen ist es gut und wichtig, dass so viele Menschen hier erschienen sind.

Deswegen ist es wichtig, dass viele Menschen im Netz ihre Kritik an den geplanten Uploadfiltern kommunizieren.

Und deswegen ist es richtig und wichtig, wenn viele Menschen sich in Briefen, Mails, Anrufen und Faxen an EU-Abgeordnete wenden und sagen:

Wir sind nicht gegen das Urheberrecht.

Wir sind aber gegen verpflichtende Uploadfilter, ob die jetzt namentlich da drin stehen oder nur juristisch beschrieben werden.

Und wir sind für ein offenes Internet, wo wir auch nach dieser Reform so kommunizieren können, wie wir es gewohnt sind.

Diese Uploadfilter ändern vieles und deswegen müssen sie raus aus diesem Gesetz.

Und jetzt viel Spaß und viel Motivation!

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Barley hat kein Herz für Whistleblower: Justizministerium blockiert EU-Gesetz

Wider den Geheimnisverrat: SPD-Kandidatin Katarina Barley bremst einen Vorschlag der Sozialdemokraten im EU-Parlament Alle Rechte vorbehalten European Union Die Zeit drängt. In den kommenden Tagen müssen das EU-Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten in den Verhandlungen um die Whistleblower-Richtlinie eine Einigung finden. Andernfalls droht das Gesetz, das Hinweisgebern in Fällen wie Luxleaks , den Panama Papers oder den Football Leaks erstmals europaweit Rechtssicherheit bieten soll, bis nach der EU-Wahl im Mai verschoben zu werden. Ein erzielter Kompromiss könnte dann vom neuen Parlament wieder gekippt werden.

Eine rasche Lösung in den Verhandlungen wird derzeit vom deutschen Justizministerium unter Katarina Barley und einigen weiteren Staaten blockiert. Das zeigt der aktuelle Verhandlungsstand der Whistleblower-Richtlinie, den wir hier veröffentlichen .

Barley gegen Sozialdemokraten

Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten streiten darüber, ob Whistleblower mit Missständen direkt an die Öffentlichkeit gehen dürfen oder nicht. Barleys Ministerium setzt sich dafür ein, dass Whistleblower sich immer zuerst an eine interne Stelle in der eigenen Organisation wenden müssen, bevor sie Medien und Behörden Informationen geben dürfen. Das dürfte einige Hinweisgeber abschrecken.

Der grüne EU-Politiker Sven Giegold kritisierte , interne Meldewege einer Firma oder Behörde könnten zudem für Whistleblower bei der Aufdeckung von Missständen zum Risiko werden: „Barley sollte sich der Position anschließen, die Sozialdemokraten und Grüne gemeinsam im Europaparlament durchgesetzt haben.“ Der Europäische Rechnungshof hatte bereits 2018 in einer Stellungnahme davor gewarnt , Whistleblowern den Weg an die Öffentlichkeit zu erschweren.

Zum anderen streiten sich Parlament und Mitgliedsstaaten um die Frage, ob der Schutz für Whistleblower für bestimmte Fälle eingeschränkt werden soll. Da unter anderem das deutsche Justizministerium befürchtet, dass es durch die Richtlinie allzu viele Hinweisgeber gibt, will es sogenannte „kleinere Fälle“ von der Richtlinie ausnehmen.

Justizministerium will Ausnahmen

Das Parlament wehrt sich derzeit gegen eine solche Vorgabe, da sie Unsicherheit für Hinweisgeber schaffe. Einzelpersonen könnten nicht alleine entscheiden, welche Fälle wichtig seien. Tatsächlich enthält der Richtlinienvorschlag der EU-Justizminister auch keine Definition für „geringe Wichtigkeit“.

Wie die deutsche Delegation in einem internen Drahtbericht formuliert, stellten für sie sowohl die Frage der internen Meldevorgaben als auch der geringeren Fälle eine „sehr rote Linie“ dar. Laut den Diplomaten gibt es keine Möglichkeit, dass Deutschland von seiner Position abweicht. Die Unterstützung für die deutsche Position schwindet allerdings. So könnten die Staaten Italien und Niederlande etwa ihre Unterstützung für Deutschland zurückziehen. Nur die französische Regierung steht weiterhin fest an der Seite der umstrittenen Justizministerin Barley.

Katarina Barley steht derzeit sowohl wegen ihrer Zustimmung für Uploadfilter als auch wegen ihrer Haltung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der Kritik. Am kommenden Montagabend wird ihr Ressort in der nächsten Gesprächsrunde zwischen Mitgliedsstaaten, Kommission und Parlament darüber verhandeln, welche Position sie künftig gegenüber Whistleblowern hat. Hält die Blockademauer, ist ein stärkerer Schutz für Hinweisgeber in Gefahr.

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NPP 167 Off The Record: Welchen Rahmen gibt sich die ARD?

Willkommen zur neuen Ausgabe von „Off The Record“. Der Podcast, der immer am ersten Samstag des Monats erscheint, gibt Einblicke in den Maschinenraum unserer Redaktion. Welche aktuellen Themen haben wir begleitet, wie lief die Recherche ab und warum schauen wir auf eben diese Geschichten?

„Off The Record“ ist Teil des Netzpolitik-Podcasts NPP und ist auf dem gleichen Feed zu abonnieren. Damit Podcasts bei uns einfacher zu finden sind, haben wir unter netzpolitik.org/podcast eine Übersichtseite gebaut.

Diesen Monat geht es um unsere Recherchen rund um die Sparkasse und wie sie die Erlaubnis ihrer Kund:innen für Werbung erschleicht . Außerdem sprechen wir über den Paragraphen 219a , der Ärzt:innen verbietet auf ihren Webseiten über den Schwangerschaftsabbruch zu informieren, und das „Framing-Gutachten“ der ARD , das wir diesen Monat veröffentlicht haben. Mit dabei: Simon Rebiger, Chris Köver und Markus Beckedahl.

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Wie immer könnt ihr den Podcast auch als OGG-Datei herunterladen.

Shownotes:

Mit List und Tücke: Sparkassen drängen Kunden personalisierte Werbung auf

Fälle deutschlandweit: Aufgedrängte Werbeeinwilligungen bei Sparkassen

Datenschutzskandal: Sparkasse erschleicht sich Werbeerlaubnis

§ 219a: Expert*innen halten Informationsverbot für verfassungswidrig

Petition der Mode-Bloggerin Nike Dinther gegen die geplante Studie zu Folgen des Schwangerschaftsabbruchs

Podcast Matcha Latte „Wir brechen das Schweigen! Abtreibung, 219a und Jens Spahn“

Informationen zum Schwangerschaftsabbruch und Liste aller Kliniken und Ärzt*innen in Europa, die Abbrüche vornehmen

Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu §219a im Bundestag vom 21.2.2019

Gesetzentwurf der Großen Koalition zu 219a, über den abgestimmt wurde

Reden im Bundestag zum Tagesordnungspunkt „Information über Schwangerschaftsabbruch“ vom 21.2.2019

Interview mit Elisabeth Wehling zum ARD-Framing-Manual: „Ich bin schockiert über die Vorwürfe“ (Zeit Online)

ARD-Chefredakteur begrüsst Veröffentlichung: „Längst überfällig. Hätten wir selber machen sollen.“

Stefan Niggemeier bei Übermedien: Eine absurde Debatte um ein misslungenes Papier .

Buhrow distanziert sich vom „Framing-Manual“ der ARD (Spiegel Online)

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Netzpolitischer Wochenrückblick KW 9: Streit ums Urheberrecht, Custom Audiences und stille SMS

Macht sich auf den Weg zur Demo. Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Janko Ferlič Unser Wochenrückblick wird auch als wöchentlicher Newsletter verschickt. Hier könnt Ihr Euch anmelden.

Der wichtigste netzpolitische Moment 2019 steht bevor: Durch Artikel 13 der Urheberrechtsreform droht eine Löschorgie gigantischen Ausmaßes und eine Verpflichtung zur automatisierten Vorabkontrolle aller nutzergenerierten Inhalte. Aber wie bei ACTA und der Netzneutralität können wir noch gewinnen, schreibt Thomas Lohninger . Um die Reform zu verhindern, müssen die Abgeordneten des Europaparlaments dagegen stimmen. Demonstrationen in ganz Europa fordern sie dazu auf. Wir haben alle uns bekannten Demos auf einer interaktiven Karte gesammelt.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnt vor den Uploadfiltern : Die EU-Urheberrechtsreform könnte durch sie nicht nur der Grundstein für eine Zensurinfrastruktur sein, sie sind auch aus datenschutzrechtlichen Gründen bedenklich. Die EU solle darlegen, wie die Reform ohne Uploadfilter umgesetzt werden könne, fordert Kelber.

Doch wann haben die Diskussionen über die EU-Urheberrechtsreform eigentlich begonnen? Seit wann ist bekannt, dass der Entwurf uns Upload-Filter und ein neues Leistungsschutzrecht bringen könnte? Ein Überblick darüber, was in den letzten drei Jahren geschah.

Außerdem verbreitete das Europaparlament gestern ein einseitiges und irreführendes Video zur Urheberrechtsreform . Normalerweise sind die Social-Media-Accounts von Parlamenten sehr vorsichtig in der Bewertung von politischen Vorgängen. Nicht so der Twitter-Account des Europarlamentes: Das verbreitete Video zeigt nur die Sicht der Befürworter und untermauert diese sogar mit irreführenden Aussagen.

In Brüssel übte die UN-Berichterstatterin und Menschenrechtlerin Fionnuala Ní Aoláin indes klare Kritik an einem Vorschlag der EU-Kommission zur Terrorbekämpfung . Der Entwurf schaffe eine allzu breite Definition von Terrorismus. Er sieht ebenfalls automatisierte Filter vor, die viele legale Inhalte aus dem Netz fegen könnten. Die EU biete ein schlechtes Vorbild für den Rest der Welt, beklagte die Juristin Fionnuala Ní Aoláin.

Custom Audiences und gezielte Manipulation

Jeden Tag laden Webshops und andere Unternehmen Kontaktdaten ihrer Kunden ungefragt bei Facebook hoch, um diese dort zielgenau mit Werbung zu erreichen. Bayerns Datenschutzbehörde schränkt Facebooks „Custom Audience“-Funktion jetzt ein. Warum, erklärt die Juristin Kristin Benedikt im Interview . Wie du herausfindest, welche Firmen deine Daten mit Facebook teilen, haben wir hier einmal zusammengeschrieben .

Wie der Brexit das Internet verändert: Der Ausgang der Brexit-Abstimmung hat tiefe Spuren in der britischen Gesellschaft hinterlassen. Auch für das Internet dürfte die Entscheidung nachhaltige Folgen haben, denn Desinformation und Meinungsmanipulation blieben nicht auf die Offline-Welt beschränkt. Das britische Parlament fordert nun Konsequenzen für Facebook & Co. – und könnte so zum weltweiten Vorbild für ähnliche Gesetze werden.

Wikimedia-Namensfindung und ein KI-Roman

Fast alle kennen Wikipedia, kaum jemand Wikimedia, Dachmarke für alle Wiki-Projekte der gemeinnützigen Wikimedia Foundation. Diese überlegt deshalb, Wikimedia als Dachmarke zu Gunsten von Wikipedia aufzugeben . Zunächst ist die Community am Zug.

Bald auch am Zug: Künstliche Intelligenz. In seinem Debütroman entwirft und diskutiert der Jurist Bijan Moini eine durchdigitalisierte Zukunft , in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von einem perfekten Algorithmus gelenkt werden.

Still und heimlich

Polizei in Deutschland ist Ländersache, das betrifft auch die Überwachung der Telekommunikation. Allein in Schleswig-Holstein verschicken Polizeidirektionen so viele „Stille SMS“ wie die Bundespolizei. Ein BGH-Urteil sollte den Einsatz der heimlichen Ortungsimpulse eigentlich reglementieren .

In der aktuellen Episode unseres Podcasts sprechen wir mit Martin Kaul , Deutschlands prominentestem Livestream-Reporter, über Journalismus mit dem Handy vorm Gesicht, Recherchen am rechten Rand und die Suche nach Antworten am anderen Ende der Welt.

Als von Leserinnen und Lesern finanziertes Medium setzen wir uns dagegen nicht nur für Transparenz ein, sondern wir sind auch transparent. Wir geben Euch deshalb Einblicke in unsere Einnahmen und Ausgaben im Januar 2019 . Der erste Monat fängt gut an und wir konnten damit sogar in ein neues Projekt investieren.

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Was vom Tage übrig blieb: Twitter-Blockaden, vergessene News und Gaming-Ästhetik

Dreck auf der Linse oder vorbeihuschende Vögel?Auf Twitter ausgesperrt (Süddeutsche Zeitung)

Staatsminister Niels Annen (SPD) fand einen israelischen Journalisten lästig und blockierte ihn eben mal auf Twitter. Der Korrespondent der „Jerusalem Post“ klagt nun dagegen. Es ist nicht das erste Mal, dass dies zum Thema wird: Im Vorjahr wurde bekannt, dass deutsche Ministerien zahlreiche User nach Gutdünken blockieren . Damit greifen sie in den Zugang zu amtlichen Informationen ein – ein gefährlicher Präzedenzfall.

Top Ten der vergessenen Nachrichten 2018 (INA)

Die Initiative Nachrichtenaufklärung e. V. hat gestern wieder zehn Nachrichten oder Themen präsentiert, die in der medialen Berichterstattung 2018 zu kurz gekommen sind. Genannt waren u.a.: Portugals Wirtschafts-Comeback ganz ohne Sparen, die harten Arbeitsverhältnisse auf Containerschiffen und die humanitäre Krise im Tschad.

Pressefreiheit: Augen zu und durch (Correctiv)

Das Bundesjustizministerium hat ein Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geschrieben, das Journalisten und Whistleblowerinnen gefährdet. Bundesjustizministerin Katarina Barley, zugleich SPD-Spitzenkandidatin, macht kurz vor der Europawahl damit keine gute Figur.

Zivilisten in Kriegsspielen (SWR2 Wissen / MP3 )

SWR2 Wissen bringt einen spannenden halbstündigen Podcast zu der Frage, wie Zivilisten im Krieg in Computerspielen inszeniert werden und welche unterschiedlichen Herangehensweisen es dabei gibt.

Computerspiele: So wertvoll wie Filmkunst (Deutschlandfunkkultur)

Computerspiele sind Kulturgut und eine eigenständige Kunstform. Die Gaming-Ästhetik beeinflusse längst schon Theater und Film, sagt der Philosoph und Spiele-Experte Daniel Martin Feige im Interview.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb “, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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Berlin: Keine rationalen Argumente für Videoüberwachung an S-Bahnhof

Etwa 55.000 Menschen nutzen täglich den S-Bahnhof Neukölln in Berlin CC-BY-SA 2.0 Ingolf Am S-Bahnhof Neukölln in Berlin sollen zwölf Überwachungskameras installiert werden. Der Bahnhofsvorplatz sei „unter Dealern und Drogenabhängigen als Handelsplatz bekannt“, schreibt die Berliner Morgenpost . Wer das liest, könnte denken, die Kameras sollten Menschen abschrecken, unter den verlängerten und aufzeichnenden Augen der Deutschen Bahn kleine Plastiktütchen gegen Geldscheine zu tauschen. Doch darum geht es gar nicht.

Auf Anfrage des Berliner Abgeordneten Niklas Schrader hat der Senat die Deutsche Bahn gefragt, welchen Zweck die Kameras erfüllen sollen. Die Antwort fällt eindeutig aus: „Zweck der Videobeobachtung ist die Erhöhung des individuellen Sicherheitsempfindens unserer Kunden“, außerdem „die Steigerung der Kundenzufriedenheit“ und Betriebsgründe wie die Verkehrslenkung.

Die Drogendelikte am S-Bahnhof Neukölln sinken: Letztes Jahr hat die Polizei laut Senat nur noch 25 Drogendelikte erfasst, 2014 waren es noch 42. Ähnlich sieht es bei anderen Straftaten aus, in den letzten drei Jahren sind sie von 209 auf 117 gesunken. Fragesteller Schrader von den Linken kann das nicht verstehen und sagt gegenüber netzpolitik.org:

Die Bahn kann auf meine Anfrage hin nicht belegen, warum die geplante Videoüberwachung am S-Bahnhof Neukölln erforderlich sein soll.

Viel wichtiger für die Prävention findet er einen neuen Drogenberatungs- und Konsumraum für abhängige Menschen. „Wenn jetzt in die Persönlichkeitsrechte von 55.000 Fährgästen pro Tag eingegriffen werden soll, deren Gesichter auf Vorrat gespeichert werden sollen, dann müssen sehr strenge Voraussetzungen gelten, die ich keinesfalls für erfüllt ansehe“, so Schrader weiter.

Videoüberwachung liegt im Trend

Der Trend zu mehr Videoüberwachung ist nicht neu. Bislang befinden sich an 19 Berliner S-Bahnhöfen Kameras, die nicht nur der Zugabfertigung dienen. Am Bahnhof Südkreuz testete die Deutsche Bahn in einem Pilotprojekt zusammen mit der Bundespolizei Überwachungskameras mit Gesichtserkennung. Tests zur Verhaltenserkennung wurden im Februar gestoppt – die Bahn hat andere Probleme und muss dringend in Personal und Infrastruktur investieren.

Im Jahr 2017 gab die Berliner S-Bahn bekannt, alte S-Bahnen mit Videoüberwachungskameras aufzurüsten . Vorher gab es in den Zügen keine Kameras – im Gegensatz zu Bahnen der BVG, die schon früh mit Überwachungstechnik ausgestattet waren. Die BVG hat die Kontrolle über mehr als 16.000 Kameras . Neue Kameras sind sogar mit Mikrofonen ausgerüstet, die seien aber laut BVG deaktiviert.

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Upload-Filter: Alle Demos auf einen Blick

Alle Rechte vorbehalten Infozentrale / Bearbeitung: netzpolitik.org In den nächsten Wochen gehen Menschen in vielen Städten Deutschlands und in anderen europäischen Ländern für eine gemeinsame Sache auf die Straße: für ein freies Internet ohne Upload-Filter und Leistungsschutzrecht. Seit Februar haben sich die Proteste gegen die EU-Urheberrechtsreform vom Netz auf die Straße ausgebreitet. In Köln demonstrierten schon zweimal mehrere Tausend Menschen und in Berlin könnten am Samstag , den 2. März, ähnliche Zahlen erreicht werden. Weitere Demonstrationen folgen schon in den nächsten Tagen, bis die Protestbewegung am 23. März vermutlich ihren Höhepunkt erreichen wird.

Wir haben eine Karte mit Informationen darüber erstellt, wo es in Deutschland überall Demonstrationen geben wird – in grün – und wo es bereits welche gab – in gelb. Wir werden die Karte und die Liste mit allen Veranstaltungen aktuell halten. Wir sammeln auch die Teilnehmerzahlen zu den Veranstaltungen. Bitte ergänzt, wenn etwas fehlt oder es eine Änderung gibt, mit jeweiligem Link zur Demo- oder Event-Seite.

Zukünftige Termine

Stadt

Auftaktort

Datum

Zeit

Berlin

Axel-Springer-Hochhaus

2.3.19

13:00

Worms

tba

2.3.19

16:00

Magdeburg

tba

9.3.19

tba

Bremen

Marktplatz

17.3.19

13:30

Berlin

Potsdamer Platz

23.3.19

14:00

Dortmund

Friedensplatz

23.3.19

14:00

Dresden

Goldener Reiter

23.3.19

14:00

Düsseldorf

Friedrich Ebert Straße

23.3.19

13:00

Erfurt

Anger

23.3.19

14:30

Frankfurt

Paulsplatz

23.3.19

14:00

Fürth

tba

23.3.19

13:00

Hamburg

Gänsemarkt

23.3.19

13:00

Hannover

Ernst-August-Platz

23.3.19

11:00

Karlsruhe

Stephanplatz

23.3.19

13:30

Kiel

Landtag

23.3.19

13:00

Koblenz

Löhrrondell

23.3.19

13:30

Köln

Neumarkt

23.3.19

14:00

Leipzig

23.3.19

14:00

Lüneburg

Am Sande, IHK

23.3.19

11:00

München

Marienplatz

23.3.19

13:30

Rostock

Universitätsplatz

23.3.19

12:00

Saarbrücken

Tbilisser Platz

23.3.19

14:00

Stuttgart

Rotebühlplatz

23.3.19

14:00

Vergangene Termine

Stadt

Datum

Teilnehmer lt. Polizei

Teilnehmer lt. Veranstalter

Köln

16.2.19

1500

2000

Köln

23.2.19

2500

4000

Hannover

1.3.19

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Urheberrechtsreform: Was in den letzten drei Jahren geschah

Es ist kurz vor zwölf bei der Urheberrechtsreform | Axel Voss: CC BY-SA 3.0 Olaf Kosinsky | Günther Oettinger: CC BY 3.0 Jacques Grießmayer |Jeden Tag gibt es neue Meldungen über die EU-Urheberrechtsreform, am meisten Aufmerksamkeit bekommen dabei die befürchteten Upload-Filter und die enthaltene Neuauflage des Leistungsschutzrechts. Auch wenn das leicht in Vergessenheit gerät: Eigentlich wird schon seit fast drei Jahren über die geplanten Änderungen diskutiert. Da kann man schon mal den Überblick verlieren, vor allem beim EU-Gesetzgebungsprozess .

Wir haben die Ereignisse der letzten drei Jahre sortiert und geben einen Ausblick, was jetzt noch bevorsteht.

16. Juni 2015: Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments beschließt einen Bericht zum Urheberrecht von Julia Reda . Damit fordert das Parlament die EU-Kommission auf, die bestehenden Urheberrechtsregeln zu prüfen und zu reformieren.

14. September 2016: Die EU-Kommission legt den ersten Entwurf für eine Richtlinie „über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ vor. Der damalige Digital-Kommissar Günther Oettinger präsentiert zusammen mit Vize-Kommissionschef Andrus Ansip die Pläne, die Kritik an der ersten Version der Urheberrechtsreform ist massiv.

Der Kommissionsentwurf geht ins Parlament

20. Februar 2017: In einem Berichtsentwurf lehnt die für den Verbraucherausschuss des EU-Parlaments zuständige Berichterstatterin Catherine Stihler den Vorschlag der Kommission ab .

10. März 2017: Der für die Urheberrechtsreform federführende Rechtsausschuss des EU-Parlaments veröffentlicht den Berichtsentwurf der EU-Parlamentarierin Therese Comodini Cachia. Sie ist zu diesem Zeitpunkt die Berichterstatterin und somit verantwortliche Abgeordnete für das Gesetz.

22. März 2017: Der Rechtsausschuss diskutiert über den Entwurf. Die Verhandlungsführerin Comodini Cachia spricht sich gegen den Entwurf von Oettinger aus.

11. Mai 2017: Der Parlamentsausschuss für den Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) diskutiert über seine Position zum Kommissionsentwurf.

8. Juni 2017: IMCO stimmt über die Stellungnahme des Ausschusses ab, auf eine gemeinsame Position einigen konnten sich die Ausschussmitglieder nicht . Zwar lehnt ein Großteil der Parlamentarier Upload-Filter ab, eine Mehrheit für eine Ablehnung des Leistungsschutzrechts bildet sich jedoch nicht.

Ab jetzt ist Axel Voss zuständig

15. Juni 2017: Der CDU-Politiker Axel Voss löst die maltesische Parlamentarierin Comodini Cachia als Berichterstatter für die Urheberrechtsreform ab, da sie das EU-Parlament verlässt .

Der konservative EU-Parlamentarier Axel Voss steht gerade im Zentrum vieler Memes.

11. Juli 2017: Sowohl der Industrie- als auch der Kulturausschuss stimmen über ihre Stellungnahmen zur Urheberrechtsreform ab. Der Industrieausschuss macht einen halbgaren Vorschlag, um Upload-Filter zu entschärfen, der Kulturausschuss würde mit seiner Stellungnahme die Situation noch verschlimmern und sogar Uploads zu Cloud-Diensten filtern.

20. November 2017: Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) beschließt seine Position und spricht sich gegen Upload-Filter aus. Plattformen sollen bei ihnen eingestellte Inhalte nicht generell überwachen müssen. Zum Leistungsschutz äußert sich der Ausschuss nicht.

25. Mai 2018: Der Rat der EU beschließt seine Position , Upload-Filter und Leistungsschutzrecht inklusive, und erteilt mehrheitlich das Verhandlungsmandat. Deutschland stimmt dagegen.

Der Entwurf wackelt im EU-Parlament

20. Juni 2018: Der federführende Rechtsausschuss im EU-Parlament beschließt seine Änderungsanträge – pro Upload-Filter und Leistungsschutzrecht. Nun geht es ins Plenum des Parlaments, das üblicherweise den Vorschlag des federführenden Ausschusses absegnet. Eine reine Formsache.

5. Juli 2018: Paukenschlag: Das EU-Parlament winkt den Textvorschlag des Rechtsausschusses nicht durch .

Eins der letzten Memes mit Axel Voss, das noch durchgeht. pic.twitter.com/vaFSvawDwf

— werquer (@werquer) September 12, 2018

12. September 2018: Das Parlament stimmt erneut ab. Die Mehrheit der Abgeordneten winkt den Vorschlag in dieser zweiten Abstimmung durch . Damit ist der Weg für den Trilog geebnet, in dem EU-Parlament, Kommission und Rat einen Kompromiss zwischen ihren jeweiligen Positionen verhandeln.

Verhandlungen hinter verschlossenen Türen

Oktober 2018 bis Februar 2019: Im Trilog ringen Parlament, Kommission und Rat hinter geschlossenen Türen um den endgültigen Gesetzestext.

18. Januar 2019: Die Verhandlungen geraten ins Stocken , da elf Länder im Rat den erarbeiteten Kompromissvorschlag blockieren – darunter auch Deutschland. Die größten Streitpunkte sind weiterhin Artikel 11 und 13, die ein neues Leistungsschutzrecht festsetzen und Betreiber von größeren Internetplattformen dazu zwingen würden, Inhalte vor der Veröffentlichung nach Urheberrechtsverletzungen zu filtern.

13. Februar 2019: Die Trilog-Verhandler geben bekannt, dass sie sich auf einen gemeinsamen Text zur Urheberrechtsreform geeinigt haben . Der finale Text enthält, aller öffentlichen Kritik zum Trotz, Upload-Filter und ein neuerliches Leistungsschutzrecht.

19. Februar 2019: Der Rechtsausschuss des Parlaments diskutiert über das Ergebnis des Trilogs. Berichterstatter Axel Voss dementiert, dass der Text überhaupt Upload-Filter enthalte und zieht damit Spott und Kritik auf sich.

pic.twitter.com/Nt79cxXqqK

— Homunkulus (@KramurxKarl) February 21, 2019

20. Februar 2019: Im Rat der EU wird der Kompromiss aus den Trilog-Verhandlungen abgesegnet. Deutschland stimmt dem finalen Text zu . Das steht im Widerspruch zum Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union, in dem Upload-Filter als unverhältnismäßig bezeichnet werden.

Alles zu spät?

26. Februar 2019: Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments stimmt dem Verhandlungsergebnis zu . 16 von 25 Ausschussmitgliedern befürworten die Richtlinie.

Irgendwann zwischen Ende März und Anfang April stimmt das EU-Parlament final über das Gesetz ab. Am Text der Einigung zwischen Rat, Kommission und Parlament lässt sich nicht mehr rütteln. Das EU-Parlament könnte die Reform als Ganzes ablehnen, das ist in der Vergangenheit jedoch nur selten vorgekommen. Doch der öffentliche Druck ist groß , an vielen Orten in ganz Europa organisieren breite Bündnisse Demonstrationen gegen die Richtlinie.

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NPP169: Worum geht es eigentlich bei der ePrivacy-Reform?

Das Ende der Online-Werbung? Wird auch die ePrivavcy-Reform nicht einläuten. Aber immerhin dürften dann nicht ohne Zustimmung Daten über uns gesammelt werden, um möglichst passende Werbung zu zeigen. Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Pawel Czerwinski Dürfen andere wissen, wann ich wie lange mit wem telefoniert habe? Wo ich dabei stand? Wie oft ich in einem bestimmten WLAN an der U-Bahn-Station vor meiner Wohnung eingeloggt war? Oder vor der Praxis meines Therapeuten? Dass ich vorher im Netz ein Selbsthilfebuch bestellt habe? Um all das geht es bei der ePrivacy-Verordnung, die derzeit in der EU abgestimmt wird.

Das alte Gesetz stammt noch aus dem Jahr 2002: einer Ära vor WhatsApp, Online-Alles-Shopping und tragbaren Minicomputern in der Tasche fast jedes Menschen. Es greift für die Telekom, nicht aber für Messenger, es passt nicht mehr zu unserem digitalen Alltag. Eigentlich hätte die neue Verordnung längst in Kraft treten sollen, gleichzeitig mit der Datenschutzgrundverodnung, aber der Prozess zieht sich hin. Seit anderthalb Jahren liegt die Reform jetzt auf Eis, weil sich die Mitgliedsstaaten im Rat nicht einigen können. Die Frage ist: Wie wird das Kräftemessen ausgehen, zwischen jenen Firmen und Verlagen, die daran verdienen uns zielgenaue Werbung zu zeigen oder unsere Daten zu verkaufen und denen, sie versuchen die Privatsphäre von Millionen EU-Bürger*innen zu verteidigen.

Darüber sprechen wir mit Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband, der in genau diesem politischen Prozess die Interessen von Verbraucher*innen vertritt, sprich: uns, all jenen, die diese Dienste und Angebote nutzen und dafür oft unwissentlich mit ihren Daten zahlen. Er erklärt, wie wir heute schon im Netz und manchmal auch offline Schritt für Schritt verfolgt werden, und welche Tricks Firmen jetzt schon anwenden, um uns trotz Do-Not-Track-Einstellung und gelöschten Cookies weiter auszuspähen.

Sollen sie das weiter tun dürfen und wird es dafür Verbote geben? Darüber kann die EU entscheiden und damit selbst Facebook und Google klare Grenzen zu setzen – wenn es im Prozess nur mal vorwärts ginge.

NPP169 mit Florian Glatzner, Chris Köver und Ingo Dachwitz zum Nachhören gibt es hier :

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Hier ist der NPP zur ePrivacy-Reform als mp3-Datei .

Alternativ bieten wir ihn auch als ogg-Datei zum Download .

Shownotes:

All Folgen von „NPP – Dem Netzpolitik-Podcast“

Florian Glatzner auf Twitter

Der knappe Ausgang der ePrivacy-Debatte im EU-Parlament und Martin Sonneborns Rolle

Die Lobbymacht der Datenindustrie (Bericht des Corporate Europe Observatory)

Facebook attacked over app that reveals period dates of its users (Guardian)

„Hier bitte keine Werbung“ (Zeit Online)

After GDPR, The New York Times cut off ad exchanges in Europe — and kept growing ad revenue (Digiday UK)

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Was vom Tage übrig blieb: Artikel 13, veränderte Politiker und russische Zensur

Wenn schon keinen Sonnenschein, dann lieber blaugrau als graugrau.Wenn der CDU zum #Artikel13 die Argumente ausgehen (Blogrebellen)

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte stellte sich dem allgemeinen Twitter-Publikum mit guten Argumenten vor. Das hat auch bestens geklappt.

Wie Hass und Hetze Politiker verändern (SZ-Podcast)

Der SZ-Podcast „Das Thema“ hat zwei Politiker:innen dazu befragt, welche Konsequenzen das ständige Konfrontieren mit sexistischen Gewaltandrohungen, verbalen Aggressionen und ehrverletzenden Briefen hat.

12. Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (PDF)

Die Expertenkommission Forschung und Innovation hat gestern ihr 12. Jahresgutachten an Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht. Die Kernthemen in diesem Jahr sind Rolle von Start-ups im Innovationssystem, Innovationen für die Energiewende, Blockchain und Digitalisierung der Hochschulen. Zum Thema KI-Strategie der Bundesregierung schreiben sie: „Die derzeitige Fassung der KI-Strategie hat nach Ansicht der Expertenkommission aber erheblichen Weiterentwicklungsbedarf, da sie in vielen Punkten vage bleibt. Vor allem bedarf es eines Implementierungsplans mit klar definierten Zielvorgaben.“ Übersetzt heißt das: Es fehlt der Strategie die Strategie.

Schutz für Geschäftsgeheimnisse – Gefahr für Recherche? (NDR-Zapp)

„Stärkeren Schutz für Journalisten und Hinweisgeber“ soll das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen bieten. Doch es könnte den Zugang zu Informationen erschweren – so die Befürchtung.

Internet-Giganten müssen Druck widerstehen (Reporter ohne Grenzen)

Russland spannt sein Überwachungs- und Zensurnetz immer enger und zwingt unter anderem Google dazu, dem Regime nicht genehme Suchergebnisse auszublenden. Reporter ohne Grenzen appelliert nun an die globalen Internet-Plattformen, sich dem Druck der russischen Regierung zu widersetzen und die Meinungsfreiheit zu verteidigen.

Tracking: Ein Tag im Internet – welche Spuren hinterlasse ich (BR2)

Radio-Feature von Christian Schiffer auf Bayern 2 über Tracking und Datenspuren.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb “, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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